Dienstag, 29. Juli 2008

Tag 9 - Das Schreiben der STA Essen

[Kurze Ankündigung - Ab sofort wird der Kommentarbereich eröffnet.]
[Noch ohne Korrektur - vorab]

Nachdem nun die Fristen der Schreiben um die Empfehlung an die STA Essen abgelaufen sind blicke ich zurück auf die Antwort eines Oberstaatsanwalts [OSTA] vom letzten Freitag. Der Orginaltext kann hier nicht veröffentlicht werden, da meinerseits extreme Bedenken über einen im Folgenden diskutierten Punkt bestehen. Zuerst die positiv zu bewertenden Inhalte.
1. Die Antwort selbst. Die Chance das ein halbwegs despektierliches Schreiben von einer Behörde eine Antowrt erhält tendiert gegen Null. Hier hat jedoch ein OSTA geantwortet. Zudem ist erhellend das in der gebotenen Kürze die Beschlußlage [Die Justizministerinnen und Justizminister haben die Problematik der Behandlung von Massen-Strafanzeigen im Zusammenhang mit der Nutzung von Tauschbörsen im Internet (Filesharing-Netzwerke) erörtert. Sie stellen mit Besorgnis fest, dass die Staatsanwaltschaften wegen der ungenügenden zivilrechtlichen Auskunftsansprüche in einem Ausmaß zu Hilfeleistungen für die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche der Urheberrechtsinhaber auf Staatskosten herangezogen werden, die rechtlich umstritten und in der Masse kaum noch zu bewältigen sind.] gewürdigt wurde ohne den Systemaufbau zu dementieren, oder die in der Analyse dargelegte Verbindung zu den [mAn] rechtswidrigen Druckszenarien von Abmahnanwälten zu kommentieren. Leider setzt sich die Mentalität mancher Behördenkreise dem präventiven Grundgedanken zu ignorieren und die Vorschrift über die Innovation zu setzten fort. Kürzlich in Umlauf gebrachte Gerüchte, die einen Stopp der Maßnahmen durch einen Generalstaatsanwaltsbeschluß auf Bundesebene in aussicht stellten sind für mich absolut vom Tisch. Ich sehe hier die STA Essen auf einer Linie mit der NRW-Justizministerin: Roswitha Müller-Piepenkötter hat sich dafür ausgesprochen, in Zusammenhang mit illegalen Downloads aus dem Internet den Inhabern von Urheberrechten künftig einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch gegen Internet-Provider einzuräumen. Einen entsprechenden Beschluss der Justizministerkonferenz in Celle begrüßte die Ministerin ausdrücklich. "Es widerspricht unserem Rechtsstaat, wenn Urheber ihre Rechte am geistigen Eigentum nur auf Umwegen durchsetzen können" unterstrich die Justizministerin heute (Freitag, 13. Juni 2008) in Düsseldorf. So sei die Rechtslage aber gegenwärtig. Zum Schutz ihrer Rechte seien Urheberrechtsinhaber gezwungen, staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren einzuleiten, um über die Akteneinsicht an die Daten der Urheberrechtsverletzer zu gelangen. "Das ist urheberfeindlich und belastet Staatsanwaltschaften und Staatskasse unnötig", erklärte Müller-Piepenkötter. Ein zivilrechtlicher Anspruch würde auch nicht mehr Daten über die private Internetnutzung Preis geben. Auf dem geschilderten Umweg sind diese Daten schon jetzt zu erlangen. Ein zivilrechtlicher Anspruch könne sogar den Datenschutz verstärken. "Die Sicherheit der Daten vor einem Missbrauch durch private Anfrager könnte sogar durch einen Richtervorbehalt, bei dem die Rechteinhaberschaft und das berechtigte Interesse an der Auskunft geprüft werden, besser geschützt werden als im gegenwärtigen Verfahren", betonte die Ministerin. "Wer dagegen Privaten den Zugriff auf solche Daten tatsächlich verweigern will, müsste konsequenterweise auch den Anspruch der Rechteinhaber auf Einsicht in die Ermittlungsakten untersagen. Das würde aber bedeuten, den Urheberrechtsschutz in diesem Bereich vollständig abzuschaffen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies von rechtsstaatlich denkenden Menschen gewollt ist.". [OSTA: "nach der heute noch gültigen Regelung", ... was ein kleines "noch" alles so aussagen kann.] Interpretiert werden darf, das die STAs, die Verwertungsrechtsverletzungen in größerem Stil abwickeln noch hoffen das eine Regeländerung in dieser Legislativperiode des BT kommen wird. Natürlich hätte man sich mehr Diskussionsgrundlage gewünscht, gerade die Nähe zu Düsseldorf und Urteilen ["das 13-jährige Mädchen im Haushalt ist vielleicht ein mafiöser Raubkopiepirat"] die jenseits rechtsstaatlichem Ebnen anzusiedeln sind hätte die Motivation der STA Essen in ein deutlich besseres Licht stellen können.
2. Die Ablehnung der Kernfrage "Systemumstellung" mit ausschließlichen einem quantitativen Hinweis wird als hervorragende Operationsbasis gewertet. Es spielt hier keine Rolle, ob der STA inhaltliche Mängel auffielen, man hat sie nicht geäußert. Insofern werden die Ausbaustufen des angedachten Systems zwar nicht mehr vordergründig, aber doch Minimum im Kentnissbereich der STA angedient werden. Selbstverständlich wird nun die STA von dem Abmahnerprozeß abgekoppelt, auch aus dem Grund das die angeschriebene Kanzlei U + C, Regensburg stillschweigend bestätigt das sie ihren Kanzleistatus längst innerlich abgelegt hat.

Mehr als negativ und enttäuschend ist jedoch die vorgetragene Einschätzung des OSTA in Richtung der zeitlichen Abläufe der Ermittlungen und deren Bedeutung für alle Beteiligten.
Es liegen nun drei unterschiedliche Aussagen vor. Es wird angedeutet das die Ermittlungsakte so schnell geschlossen wird, das die CD für den Versand an U + C, Regensburg noch warm ist. Dies würde auch prinzipiell der gebotenen Eile entsprechen, aber U + C, Regensburg vor Gericht in Nöte bringen, da man sich mit Abmahnungen, oder gar "Mahnschreiben" sehr viel Zeit läßt. In der zweiten Version wird jedoch von der STA von einer "zwischenzeitlichen" Einstellung berichtet, die im Systembereich nicht erkennbar ist, aber die STA selbst im Zivilprozeß als Nebenkläger erscheinen läßt. An und für sich klar, da der Rechtinhaber, bzw. die beauftrage Schnüffler-Firma vor Gericht auf die Daten der STA und auf die heilige Mutter Gottes schwört. Man hat sich hier nun Klärung erhofft, doch schreibt der OSTA das der Abgemahnte beim Erhalt einer Abmahnung sicher "davon ausgehen könne" das ein Ermittlungsverfahren anhängig sei. [Einschränkung: "regelmäßig zutreffend"] Ein Satz der erheblichsten Zündstoff birgt. Ein Versehen, ein Fehler, eine lockere Äußerung? Sehr unwahrscheinlich. Die nächsten Tage werden diesen Punkt nochmals gesondert aufgreifen.

Um die Brisanz kurz zu verdeutlichen: Wenn in einem email-CD-EilVerfahren ermittelt wird um danach einzustellen ist dies die "Hilfsleistung", die der Beschuldigte nach menschlichem Ermessen erdulden müßte. "Zwischenzeitlich" wäre schon etwas bedenklicher, vornehmlich weil die kleinen 13-jährigen mafiösen Raubkopierpiraten im Auge des Gesetzes weitere Straftaten begehen werden, wie von mir ausgeführt wurde. "Anhängig" = § 160 Abs. 2 StPO: Die Staatsanwaltschaft hat nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln und für die Erhebung der Beweise Sorge zu tragen, deren Verlust zu besorgen ist. Urteil: Ob die Versicherungen des Ehemannes der Antragsgegnerin in seiner persönlichen Anhörung am 19.06.08 zutrifft, dass er nach Zugang der Abmahnung unter Verwendung einer Wiederherstellungssoftware die Festplatte überprüft und weder Filesharing-Software noch einen der in der Abmahnung genannten Titel gefunden habe, kann dahinstehen.